Drei Millionen Euro Förderung in drei Jahren – Ein Praxisbeispiel


Die Johanniter in Regensburg bauen zurzeit ein Hospiz mit zehn Plätzen für Ostbayern auf. Spatenstich war im September 2012, am 12. April 2013 war die Grundsteinlegung des Johannes-Hospizes, die Eröffnung ist für Januar 2014 geplant. Bis zu diesem Erfolg war es allerdings ein weiter Weg. Denn die Finanzierung von stationären Hospizeinrichtungen ist in Deutschland nur unzureichend über die Sozialversicherungen geregelt. Für den Bau müssen Träger Kosten in Millionenhöhe selbst aufbringen.

Hospiz Ansicht Süd
Planungsansicht des Hospizes

Das war eine beachtliche Herausforderung für die Johanniter Ostbayern, ein mittelgroßer Sozialträger mit 420 hauptamtlichen und 580 ehrenamtlichen Mitarbeitern, und für ihren Kooperationspartner, ein lokaler ehrenamtlicher Hospizverein. Aber mit einer engagierten und gut geplanten Kampagne hat man in den vergangen drei Jahren knapp drei Millionen Euro von Spendern, Sponsoren und Fördermittelgebern eingeworben.

In unserem Interview berichtet der Regionalvorstand Martin Steinkirchner, wie sein Team bei der strategischen Finanzierung des Johannes-Hospizes vorgegangen ist.

Schmotz: Was waren Ihre Beweggründe, im Jahr 2010 den Aufbau eines Hospizes in Angriff zu nehmen?

Steinkirchner: In unserer Region, das heißt, insbesondere in den Bezirken Oberpfalz und nördliches Niederbayern, gibt es keine stationäre Hospizeinrichtung. Durch zahlreiche Hospizvereine ist zwar eine ambulante Versorgung gesichert. Wenn man aber auf eine stationäre Unterstützung angewiesen war, blieb einem nichts anderes übrig, als nach Ingolstadt, Bayreuth, Vilsbiburg, München oder Nürnberg zu gehen. Wir wollten uns mit diesem Missstand nicht zufrieden geben und wurden aktiv.

Schmotz: Von welchem Finanzierungsvolumen sind Sie ursprünglich ausgegangen?

Steinkirchner: Der Aufbau und der Betrieb eines Hospizes ist in Deutschland nur teilweise durch die Regelleistungen der Krankenkassen abgedeckt. Nach ersten Planungen waren für den Bau insgesamt drei Millionen Euro an „Eigenmitteln“ notwendig. Für den fortlaufenden Betrieb benötigt man jährlich um die 150.000 Euro.

Uns war klar, dass wir das nur in einer breit angelegten Sensibilisierungs- und Werbekampagne erreichen können.

Schmotz: Das sind ehrgeizige Ziele für einen Träger Ihrer Größe. In welcher Größenordnung bewegten sich denn die durchschnittlichen Spendeneinnahmen Ihres Vereins vor der Kampagne?

Martin Steinkirchner, Regionalvorstand der Johanniter

Steinkirchner: Neben den Beiträgen unseren Fördermitglieder konnten wir jährlich etwa 15.000 bis 20.000 Euro an Spenden einwerben.

Schmotz: Das heißt, Sie mussten Ihre Einkünfte in ganz neue Dimensionen katapultieren. Über welche Kanäle wollten Sie dieses Mittelvolumen einwerben?

Steinkirchner: Uns war klar, dass wir das nur in einer breit angelegten Sensibilisierungs- und Werbekampagne erreichen können. Dabei sollten die Mittel über drei Finanzierungssäulen generiert werden: erstens Spenden, zweitens Fördermittel und Zuschüsse und drittens Eigenkapital und Fremdkapital des beteiligten Trägers.

Schmotz: Bleiben wir zuerst einmal bei den Spenden. Wie groß war deren Anteil an den Einnahmen für das Hospizprojekt in den letzten drei Jahren?

Steinkirchner: In Summe sind es bis heute 1,6 Millionen Euro.

Schmotz: Was waren dabei die wichtigsten Argumente, mit denen Sie die Spender überzeugen konnten?

Steinkirchner: Zentral ist die Tatsache, dass es eine eindeutige Versorgungslücke in unserer Region gibt. Die Menschen in unserer Region fühlten sich eindeutig benachteiligt gegenüber den anderen Zentren in Bayern. Sehr wichtig war auch die Argumentation, dass das Hospiz für alle Bevölkerungsgruppen da ist und dass jeder von einem Tag auf den anderen selbst betroffen sein kann, nicht nur ältere Menschen, sondern auch viele jüngere Menschen unseren Alters.

Zusätzlich haben wir immer argumentiert, dass jeder Spendeneuro direkt in den Bau fließt. Durch die Johanniter  waren die notwendigen  Verwaltungskosten für die Fundraising-Aktion unabhängig von den Spenden gedeckt.

Um eine große Reichweite zu erzielen und eine breite Unterstützungswelle loszutreten, sind wir gezielt auf die Medien, politische Entscheidungsträger und regionale Vereine zugegangen.

Schmotz: Entscheidend für solche Werbekampagnen ist die öffentliche Wahrnehmung und Aufmerksamkeit. Mit welchem Plan sind Sie an dieses Thema herangegangen?

Spendenübergabe durch einen Unternehmenspartner
Spendenübergabe durch einen Unternehmenspartner

Steinkirchner: Um eine große Reichweite zu erzielen und eine breite Unterstützungswelle loszutreten, sind wir gezielt auf die Medien, politische Entscheidungsträger und regionale Vereine zugegangen.

Startschuss der Kampagne war die örtliche Verbraucherausstellung „Donau 2010“, wo wir mit einem eigenen Spendenstand präsent waren und für die wir einen ersten Spendenabend organisiert hatten. Die Rückmeldungen waren sehr positiv und wir haben unsere Netzwerk-, Lobby- und Informationskampagne mit sehr hohem Engagement der Beteiligten stetig ausgebaut.

Sehr motivierend war unser Leitspruch: Wenn wir die erste Million zusammen haben, beginnen wir mit dem Bau.

Schmotz: Neben den Spenden und Geldern von Sponsoren konnten Sie auch Mittel der öffentlichen Hand (Freistaat und Regierungsbezirk) und bei Stiftungen einwerben.

Steinkirchner: Insgesamt kamen so knapp 1,4 Millionen Euro zusammen.

Die persönlichen Kontakte ins Sozialministerium und die Lobbyarbeit über die regionalen Landtagsabgeordneten war ganz entscheidend.

Schmotz: Was war bei den Fördermitteln ihr Erfolgskonzept?

Steinkirchner: Neben der Nachvollziehbarkeit des Bedarfs waren hier die persönlichen Kontakte ins Sozialministerium und die Lobbyarbeit der regionalen Landtagsabgeordneten ganz entscheidend. Ohne diese Unterstützung wären die Fördersummen wohl um mehrere Größenordnungen kleiner ausgefallen.

Die Führungskraft ist sehr wichtig. Man muss einem solchen Vorhaben ein Gesicht geben.

Schmotz: Der Aufwand für eine solche Kampagne ist ja nicht zu unterschätzen. Von welchem Team wurde die Kampagne umgesetzt?

Nach dem Einwerben der ersten Millionen erfolgte der erste Spatenstich
Nach dem Einwerben der ersten Millionen erfolgte der erste Spatenstich

Steinkirchner: Intern wurde ich bei der Kampagne von meinem Öffentlichkeitsreferat, meiner Assistentin und einer Kollegin des Hospizvereins maßgeblich unterstützt. Sie haben mit ihrem engagierten Einsatz  und ihrem Organisationstalent den operativen Ablauf der Kampagne sichergestellt.

Dazu kommt dann ein sehr großer Kreis von internen und externen Unterstützern, die sich in vielfältiger Weise eingebracht haben. Uns war es wichtig, möglichst viele Fürsprecher zu motivieren, die ihre eigenen Netzwerke und Kontakte miteingebracht haben.

Schmotz: Welche Rolle spielen nach Ihrer Ansicht die Führungskräfte bei einer solchen Kampagne?

Steinkirchner: Die Führungskraft ist sehr wichtig. Man muss einem solchen Vorhaben ein Gesicht geben. Ich würde es mir persönlich nie zutrauen, ein ähnliches Projekt in einer anderen Stadt durchzuführen, wo ich nicht bekannt bin und auf kein persönliches Netzwerk zurückgreifen kann. Entscheidend ist auch das bestehende Image der Organisation, auf das man aufbauen muss.

Schmotz: Herzlichen Dank, Herr Steinkirchner, für das sehr aufschlussreiche Gespräch.

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    Torsten Schmotz

    Über den Autor/die Autorin

    Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens Förderlotse Torsten Schmotz, Seniorberater, Hochschuldozent und Fachautor, seit 2006 ist das Fördermittel-Fundraising sein beruflicher Schwerpunkt.



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