Es gibt Non-Profit-Organisationen, die werden extrem einsilbig, wenn man sie auf ihre praktischen Erfahrungen im Bereich Fördermittel anspricht. Auch wenn man in diesem Bereich sehr erfolgreich ist, möchte man darüber möglichst nichts verraten. Man hat scheinbar große Angst, dass andere von den eigenen Erfolgsrezepten erfahren und diese dann kopieren. Ein Argument, dass ich häufig höre ist, dass man im Fundraising ja auch in einem harten Wettbewerb stehe. Warum solle man also die eigene Konkurrenz fördern?
Ich halte diese Einstellung für sehr kurzsichtig und letztlich für kontraproduktiv, da sie die eigenen Erfolgschancen bei der Fördermittelgewinnung eher mindert.
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Fünf Gründe sprechen meines Erachtens dafür, einen offenen Erfahrungsaustausch mit Kollegen aus anderen Organisationen zu pflegen:
1.) Der Fördermittelmarkt ist groß genug.
In Deutschland gibt es für die verschiedenen gemeinnützigen Themen mehrere tausend Fördermöglichkeiten mit einem Gesamtfördervolumen von mehreren Milliarden Euro. Dabei konzentrieren sich die meisten Zuschussprogramme auf ein spezifisches Thema oder eine bestimmte Region.
Die potenziellen Förderquellen einer ehrenamtlichen Umweltinitiative im ländlichen Raum Niedersachsens überschneiden sich kaum mit den Fördermöglichkeiten für ein kulturelles Jugendprojekt in einer süddeutschen Großstadt. Trotzdem kann es für die Verantwortlichen beider Träger sehr hilfreich sein, sich z. B. über ihre Erfahrungen bei der Formulierung von Anträgen und dem Aufstellen von Projektbudgets auszutauschen.
2.) Der Fördermittelmarkt ist allein kaum zu überblicken.
Täglich werden deutschlandweit neue Förderstiftungen gegründet, Zuschussprogramme aufgelegt oder Förderpreise ausgeschrieben. Es ist eine große Herausforderung, dabei den Überblick zu behalten und Erfolg versprechende Finanzierungsmöglichkeiten nicht zu verpassen.
„Schwarmintelligenz“ bei der Beobachtung des Fördermittelmarktes kann dabei helfen und die eigenen Kapazitäten entlasten. Häufig trifft man bei seinen Recherchen auf Zuschussmöglichkeiten, die für die eigenen Aktivitäten nicht nutzbar sind, aber welche vielleicht für Kollegen aus anderen Organisationen genau passen würden. Geben Sie anderen Tipps und Sie haben die Chance, auch von anderen bedacht zu werden.
3.) Um sich weiterentwickeln zu können, benötigen sie den fachlichen Austausch außerhalb der eigenen Organisation.
Das Einwerben von Fördermitteln ist eine anspruchsvolle und sehr spezifische Tätigkeit, die sich meist auf eine Person in der Organisation konzentriert. Wer sich intensiv mit Ausschreibungstexten, Antragsformulierungen und Budgetplänen befasst, muss ein dezidiertes Fachwissen aufbauen.
Das führt dazu, dass man als „Fördermittelexperte“ von den Kollegen zwar anerkannt wird, aber oft keinen internen Ansprechpartner findet, mit dem man sich über seine Fachprobleme austauschen kann. Fachlicher Austausch ist aber die Voraussetzung dafür, sich beruflich weiterzuentwickeln. Dazu muss ich also mit versierten Menschen aus anderen Organisationen Kontakt aufnehmen.
4.) Viele Förderer bevorzugen Kooperations- und Netzwerkprojekte, um eine möglichst weitreichende Wirkung zu erzielen.
Nicht selten kann nur ein Verbund verschiedener Träger überhaupt einen Förderantrag stellen. Ein solcher Verbund kann ein Netzwerk von gemeinnützigen, öffentlichen und gewerblichen Trägern sein, eine Kooperationen von Mitgliedern verschiedener Wohlfahrtsverbände oder ein thematisches Netzwerk mit Trägern aus verschiedenen Regionen.
Solche Verbünde entstehen nicht ad hoc, sondern setzen eine längere vertrauensvolle Beziehungsarbeit voraus.
5.) Non-Profit-Organisationen können gemeinsam ihre Interessen gegenüber den Förderinstitutionen vertreten.
Förderprogramme entstehen nicht im luftleeren Raum. Die Förderinstitutionen möchten mit ihren Zuschüssen Einfluss auf gesellschaftliche und politische Entwicklungen nehmen und eine möglichst große Wirkung erzielen.
Dazu sind sie auf das Feedback und die Vorschläge von Menschen und Organisationen angewiesen, die direkt an diesen Entwicklungen beteiligt sind. Eine einzelne Organisation wird dabei schnell übersehen, ein starkes Netzwerk von kompetenten und bekannten Organisationen, die gemeinsam eine Meinung vertreten, wird dagegen auf offenere Ohren treffen. Nur durch eine gemeinsame Lobbyarbeit verschiedener Träger und Verbände sind viele, insbesondere öffentliche Förderprogramme überhaupt erst ausgeschrieben worden.
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Ein offener Erfahrungsaustausch liegt also durchaus in meinem eigenen Interesse, wenn ich die Finanzierungschancen für die Aktivitäten und Vorhaben meiner Organisation steigern möchte.
Wie kann ich nun diesen Erfahrungsaustausch fördern und Kontakte zu Gleichgesinnten finden?
- Soziale Netzwerke und das Internet haben die Kommunikationsmöglichkeiten vervielfacht. Nutzen Sie Ihre eigenen Netzwerke, um sich über aktuelle Fördermittel- und Fundraisingthemen auszutauschen. Stellen Sie dabei nicht nur Fragen, sondern geben Sie anderen hilfreiche Tipps. Nur dann wird dabei eine Eigendynamik entstehen. In unserer Xing-Gruppe „Fördermittel für gemeinnützige Organisationen“, über Twitter und über unsere Facebookseite bieten wir einen entsprechenden Rahmen an:
- https://www.xing.com/net/npo-foerdermittel
- Netzwerk- und Verbandstreffen sind eine gute Möglichkeit, persönliche Kontakte aufzubauen. Empfehlen kann ich zum Beispiel den Deutschen Fundraising Verband, den Bundesverband Deutscher Stiftungen, das Open Transfer Camp und Vision Summit.
- Machen Sie Fördermittel und Fundraising zum Thema im eigenen Verband. Gehört Ihre Organisation einem größeren Verband oder Netzwerk an? Wann ja, versuchen Sie das Thema beim der nächsten übergreifenden Veranstaltung einzubringen.
- Auch Seminare und Weiterbildungen zum Thema sind eine gute Möglichkeit, verbands- und branchenübergreifende Kontakte herzustellen. Genauso wichtig wie der fachliche Input ist für mich bei solchen Veranstaltungen immer die Netzwerkarbeit.
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Dieser Artikel ist auf Anregung der #NPO-Blogparade: Voneinander lernen in der Zivilgesellschaft entstanden.
OpenTransfer.de und sebastanvolberg.de stellten dabei die Frage: Warum tun wir uns so schwer damit, voneinander zu lernen: erfolgreiche soziale Projekte zu transferieren, Wissen zu teilen, gemeinsam mehr zu erreichen?
Katarina und Sebastian vielen Dank für die Organisation! Ich bin sehr gespannt auf die Reaktionen und weitere Artikel zu diesem spannenden Thema.
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